Wie sieht es eigentlich aus, das VIP-Erlebnis bei einem Bundesligaspiel? Mittendrin statt nur dabei oder exklusiv und elitär?
Ein Erlebnisbericht
Ich war am 01. Februar beim Rückrundenduell von „David“ Eisern Union gegen „Goliath“ BVB im größten Stadion Deutschlands in Dortmund dabei und habe genauer hingeschaut. Aber nicht nur auf den Rasen, dort wo BVB-Jungstar Erling Haaland auch gegen Union Berlin einmal mehr Unfassbares leistete, sondern vor allem in den VIP-Bereich der Schwarz-Gelben.

Die beiden Traditionsvereine scheinen in vielerlei Hinsicht weit voneinander entfernt. Und doch haben sie so manches gemeinsam. Beide sind nicht nur Garant für leidenschaftliche Fankultur und einzigartige Fußballerlebnisse, auch sind ihre Stadien dauerhaft ausverkauft.
Das gilt für die überdurchschnittlich vielen Stehplätze ebenso wie für die VIP-Bereiche. Dennoch stehen beide Vereine im Rahmen der VIP-Thematik vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Borussia Dortmund strebt ambitionierte Umsatzzahlen an, der 1. FC Union Berlin plant den Stadionausbau. Worauf müssen sich die Brüder im Geiste also in Zukunft einstellen und wie sieht das VIP-Erlebnis in der Gegenwart aus?
DIE ANREISE
Schon auf der Zugfahrt von Berlin nach Dortmund werden die Union-Fans mit ihren Bierkästen äußerst gastfreundlich mit einem eindeutigen „U.N.V.E.U.“ („Und Niemals Vergessen Eisern Union“) über die Bildschirme der Deutschen Bahn begrüßt. So beginnt das Spieltagserlebnis bereits vor Hannover. Wobei, schon am Tag zuvor werde ich durch den VIP-Newsletter des BVB bestens abgeholt. Aktuelle Infos zu Anreise, Parkmöglichkeiten, Einlass, gastronomischen Angeboten und wichtigen Themen rund um den Spieltag lassen keine Fragen offen.
In Dortmund informiert mich der redselige Taxi-Fahrer auf der kurzen Fahrt zum Stadion über weitere Mobilitätsangebote. Am schnellsten komme man mittlerweile mit dem e-Roller zum Spiel. Bei Anreise per eigenem PKW seien die reservierten Parkplätze direkt am Stadioneingang wiederum das Beste, was man fürs Geld bekommt. In jedem Fall ist das Thema An- und Abreise hier organisch und nachhaltig gewachsen und bietet Möglichkeiten für jeden Geldbeutel.
DAS „WILLKOMMEN“
Als ich am Stadion ankomme, fällt mir auf: Keine Anzeichen von „Premium“- oder „Exklusiv“-Vokabular auf den Schildern und Wegweisern im Stadionumfeld. Stattdessen heißen die VIP-Bereiche „Borsigplatz“ oder „Alter Markt“. Irgendwie sehr sympathisch. Sehr echt. Diese authentische Atmosphäre ist spürbar.
Es begrüßen mich freundliche junge Menschen an den VIP-Eingängen. Hier höre ich überall das Piepen der Ticketscanner und bemerke, dass fast jeder ein Papierticket hat und die digitale eTicket Option offenbar noch sehr wenig genutzt wird. Die haptische Ticket-Variante ist wohl für viele eine immer noch sehr beliebte Wahl bzw. ein geschätztes, weil entsprechend greifbares, Andenken.
Gleich hinter dem Check-In erwartet mich mein persönlicher Gastgeber. Ein solcher steht jedem VIP-Bereich als individueller Ansprechpartner für alle Fragen und Wünsche zur Verfügung. Ganz plötzlich befinde ich mich im Servicehimmel und wann immer ich ein Getränk möchte, steht es schon vor mir. Weil bis zum Anpfiff noch Zeit und mein erster Durst gelöscht ist, gewährt mir der Gastgeber noch eine kleine Stadiontour. Spielertunnel, Kabine, Geschäftsstelle, etc. Ich freue mich wie ein kleiner Junge, als ich mit eigenen Augen die Orte sehe, die ich sonst nur aus exklusiven TV-Berichterstattungen kenne.
Als ich zwischendurch das Catering erkunde, bin ich nicht weniger glückselig. Ich schlängele mich durch wohlduftende Kochinseln. Hier nimmt sich fast jeder die Zeit für einen netten Plausch mit den Köchen, auch wenn allen sichtlich das Wasser im Mund zusammenläuft. Man möchte am liebsten alles probieren – selbst das vegane Angebot, das bekennende Fleischfans sonst eher wenig interessiert. Hier wurde wirklich an alles gedacht, auch an i-Tüpfelchen wie Espresso oder Waffeln am Stiel. Und wenn auch mal ein persönlicher Extra-Wunsch dabei ist: Einer der vielen freundlichen Köche findet immer einen Weg, diesem nachzukommen.
DER BLICK HINTER DIE KULISSEN

Auf meinen Runden durch die VIP-Bereiche komme ich immer wieder an legendären Zitaten, Spielertrikots und historischen Bildern im Großformat vorbei. Nichts wirklich Besonderes, aber durch und durch ehrlich. Und immer im Sinne des leidenschaftlichen BVB-Fans. Dann muss ich einen kleinen Umweg nehmen. Das Borruseum, das Vereinsmuseum innerhalb des Signal Iduna Parks, wird umgebaut, wie ich erfahre. Digitaler und interaktiver soll es werden.
Doch ich spüre auch jetzt bereits, dass es hier nicht um einen statusgeprägten Ort geht, sondern vielmehr um ein großes Miteinander. Ein Erlebnis, das super emotional und zugleich so unprätentiös ist, wie die Stehplatzkultur, in der es seine Wurzeln hat. Klar – man kann sich auch in den privaten VIP-Bereich zurückziehen, um sich absolut exklusiv zu fühlen oder einfach unter sich zu bleiben. Doch die eigentliche Exklusivität liegt hier eindeutig in der unkomplizierten Nahbarkeit aller Beteiligten. Und auch in der Nahbarkeit des Vereins selbst.
DAS FAZIT
Denn spätestens, als mir im „Evonik Stammtisch“ Promis wie Nico Santos, Matthias Sammer und BVB-Legende Karl-Heinz Riedle einfach so über den Weg laufen, fühle ich mich vollends als Teil der Familie. Und wieder einmal wird mir klar: Das ist es, was diesen Sport ausmacht. Auch wenn es scheint, als wäre all das für die anderen VIP-Gäste „business as usual“. Für mich jedenfalls, war es ein ebenso perfekter Spieltag wie für die Borussen, die den Aufsteiger aus der Hauptstadt mit einem 5:0 Heimspiel-Spektakel vom Platz gefegt haben. Geprägt von Emotionen, Spannung und Vereinsnähe. Auch im VIP-Bereich.